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EU-Gentechnikrecht: Polens Vorschlag bringt keine Fortschritte

Autorenbild: BiO ReporterInBiO ReporterIn

Seit Beginn des Jahres hat Polen die EU-Ratspräsidentschaft übernommen. In Sachen Gentechnikrecht und dessen geplanter Neuregulierung hat Polen überraschend EU-intern einen neuen Vorschlag zum Deregulierungsvorhaben der EU-Kommission für Agro-Gentechnik vorgelegt, Der Bio-Dachverband Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft BÖLW sowie der Verband Lebensmittel ohne Gentechnik VLOG haben Stellung bezogen. Sie sehen keine Fortschritte bei den strittigen Kritikpunkten des bisherigen Entwurfs der EU-Kommission und fordern bessere Lösungen.

Gentechnik ist weiterhin höchst umstritten. Foto: Karin Heinze

  

Streitpunkte wie Koexistenz und Wahlfreiheit ungelöst 

Nach einer Umfrage zu Streitpunkten der Deregulierung und der Zusage des ungarischen Agrarministers den Offnen Brief der europäischen Lebensmittelwirtschaft an alle EU-Landwirtschaftsminister zu unterstützen, stagnierte der Prozess unter der Ratspräsidentschaft Ungarns. Der nun von der polnischen Ratspräsidentschaft Vorschlag soll am 20. Januar in der Ratsarbeitsgruppe beraten werden soll. Der Vorschlag versucht Züchtern entgegenzukommen, indem nun die patentgeschützten Anwendungen der neuen genomischen Techniken (NGT) gekennzeichnet und den Mitgliedsstaaten für diese eine Opt-Out-Möglichkeit eingeräumt werden sollen, heißt es in einem Statement des BÖLW. Andere Streitpunkte jedoch wie eine allgemeine Kennzeichnungspflicht für NGT-Produkte, oder Regelungen für die Koexistenz auf den Feldern, behandelt der Vorschlag nicht. 


Tina Andres, Vorstandsvorsitzende des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), hält den Vorschlag mit folgender Begründung für unzureichend:   

„Der polnische Vorschlag lässt wie schon der belgische zuvor die Koexistenz-Frage ungelöst. Wie können gentechnikfrei wirtschaftende Landwirte ihre Felder frei halten von Gentechnik, wenn Nachbarn künftig undeklariert gentechnisch veränderte Sorten anbauen? Wie können Bio-Bäuerinnen, die zur Gentechnikfreiheit verpflichtet sind, dies künftig nachweisen - und wer kommt für die Laborkosten auf? Die ökologische Lebensmittelwirtschaft braucht die Rückverfolgbarkeit von Gentechnik vom Acker bis zum Teller. Dies ist erwiesenermaßen auch der Wunsch von Verbraucherinnen und Verbrauchern.  Polens Vorschlag ist freilich auch eine absolute Scheinlösung in Bezug auf die Patente Frage. Weder ist klar, wie dieser Vorschlag ohne lückenlose Rückverfolgbarkeit in der Praxis umgesetzt werden soll, noch ob dieser rechtssicher wäre." 


Neuer Gentechnik-Vorschlag hilft nicht weiter 

Dieser Überzeugung ist auch der VLOG, denn zentrale Fragen wie Kennzeichnung, Risikoprüfung, Haftung und Koexistenz bleiben darin ungelöst: „Der neue Vorschlag aus Polen hilft nicht weiter, beim Thema neue Gentechnik voranzukommen. Eine vollständige Kennzeichnung und Risikoprüfung auch für alle Arten neuer Gentechnik fehlt darin weiterhin, genauso wie funktionsfähige Regelungen zu Haftung und Koexistenz. Für ,Ohne Gentechnik‘ und Bio sowie die gesamte Lebensmittelwirtschaft funktioniert dieser Vorschlag genauso wenig wie seine Vorgänger." Sönke Guttenberg, Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim Verband Lebensmittel ohne Gentechnik (VLOG) appelliert an den amtierenden

Bundeslandwirtschaftsminister: "Cem Özdemir hat sich zum Schutz des gentechnikfreien Marktes bekannt und darf diesem Vorschlag deshalb nicht zustimmen. (Der Vorschlag der polnischen Ratspräsidentschaft vom 7.01.2025 liegt dem VLOG vor.) Der Bundeslandwirtschaftsminister sollte auch seine Amtskollegen aus den anderen EU-Staaten darin bestärken, sich gemeinsam mit ihm weiter für echte Verbesserungen im Sinne von Verbraucher:innen und Lebensmittelwirtschaft einzusetzen“.

 

Der neue Vorschlag aus Polen nimmt vor allem den umstrittenen Aspekt der Patentierungen in den Fokus – mutmaßlich mit dem Ziel, dadurch weitere EU-Staaten zu einer Zustimmung zu bewegen und so die nötige qualifizierte Mehrheit für die Gentechnik-Deregulierung zu erreichen. Doch selbst die die neuen Vorschläge zur Patente-Frage wirken auf den ersten Blick wenig überzeugend, kaum praxistauglich und nicht rechtssicher.


Karin Heinze

Quellen: Pressemitteilungen BÖLW und VLOG

 


 

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