Der Industrieverband Körperpflege und Waschmittel (IKW) legt nach acht Jahren Pause die vierte Jugendstudie vor. Als Quintessenz aus der Studie „Jugend ungeschminkt 2024“ formulieren die Meinungsforscher von Lönnecker & Imdahl rheingold salon: „Was nicht glücklich macht kann weg.“ Die Gen Z geht gespalten mit Fragen und Herausforderungen unserer Zeit multipler globaler Krisen um und entwickelt eigene Strategien der "Ich-Modellierung", um einem Kontrollverlust zu entgehen und auf Dauer glücklich zu sein.
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Bei der Auswertung der 34 tiefenpsychologisch-repräsentativen Interviews mit Teilnehmenden von 14 bis 24 Jahren sowie den Befragungen von über 1000 jungen Menschen im Alter von 16 bis 24 Jahren aus allen gesellschaftlichen Schichten, kamen die Studienautor:innen zu ausgesprochen denkwürdigen, zum Teil beunruhigenden Ergebnissen. Sie dokumentieren eine große Realitätsferne und sehr hohe Erwartungen der Gen Z . Die Mehrheit der Jugendlichen fühlt sich inmitten globaler Krisen und mit den Anforderungen des Erwachsen-Werdens „lost“ (verloren). Viele haben ein tiefes Bedürfnis nach Kontrolle und Sicherheit. Ines Imdahl von Lönnecker & Imdahl rheingold salon, stellte die die vom IKW beauftragte Jugendstudie der Presse vor.
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Zwischen Glattziehen und Oversharing
Auffällig: Über die Hälfte der Jugendlichen bekennt sich dazu, extreme Probleme, Ängste und Sorgen zu haben und teilt das sehr detailliert mit (Oversharing). Während der andere Teil – wenig glaubwürdig – erklärt, keinerlei Probleme zu haben (Glattziehen). Beide Extreme seien geprägt vom Gefühl des Kontrollverlustes, so die Studie. In der Folge entwickeln die Jugendlichen ihre eigene Strategie der „Ich-Modellierung“: Sie beschäftigen sich mit dem Naheliegendsten und modellieren sich selbst. Nicht nur in den Körper wird im Fitness-Studio und mit Kosmetik-Routinen massiv investiert, sondern auch in ein entsprechendes Mindset. Die Hoffnung dahinter: Mit einem perfekten Äußeren und dem richtigen Mindset kann alles gelingen, auch lebenslanges Glücklichsein.
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Ich-Modellierung ist die naheliegende Lösung
Die Krisen unserer Zeit, Kriege, Klima, Inflation machen jungen Menschen in ihren Entwicklungsjahren zu schaffen. Um den Eindruck zu erwecken, das Leben im Griff zu haben, sind junge Menschen bereit, viel für die „glatte Fassade“ zu investieren. Dabei spielt Kosmetik eine wichtige Rolle, übrigens über die Geschlechtergrenzen hinweg. Jeweils über 70 Prozent sagen, dass ihnen Kosmetik wichtig ist, Sicherheit und sogar Struktur im Alltag gibt. Pflege und Kosmetik-Routinen sind ein großer Trend, so die Jugendstudie, sie werden als Ankerpunkt empfunden. Erstaunlicherweise legen die Heranwachsenden hierbei viel Geduld und Durchhaltevermögen an den Tag und erarbeiten sich schöne Haut, Haare und Zähne, um ihr Selbstwertgefühl zu steigern und die „Kontrolle über ihr Leben herzustellen.“
Auf der psychischen Ebene ist für 55 Prozent der Befragten (junge Frauen wie Männer), „immer glücklich zu sein“ und zwar in allen Lebensbereichen, Freund- und Partnerschaft, Familie, insbesondere aber suchen 85 % den Traumjob, der perfekt zu ihnen passt und sie glücklich macht.
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Hohe Ansprüche und wenig Durchhaltevermögen
Dabei hat die Generation Z mit der Erwartung eines durchschnittlichen Nettoeinkommens von 7000 € sehr hohe Ansprüche finanzieller Art. Gleichzeitig wirft sie schnell das Handtuch: Ob Ausbildung, Job oder Beziehung, was nicht dauer-glücklich und reich macht, wird innerhalb kurzer Zeit wieder aufgegeben. „Was nicht glücklich macht kann weg“, resümiert die Studie. Häufig wird der Verbleib in der Familie, die oft, praktisch bedingungslos, unterstützt und Ausprobieren, Wohnen und Lebensunterhalt finanziert, einer anstrengenden Berufsausbildung oder Beziehung vorgezogen. Ein Viertel der jungen Menschen erklärt, dass sie vor dem 30 Lebensjahr lieber nicht geregelt arbeiten will, um möglichst viel auszuprobieren und zu reisen (47 %). Auf der psychischen Ebene ist der Weg zum ewigen Glück, aus Sicht der Jugendlichen, eng mit dem richtigen Mindset verbunden. Denn mit dem richtigen Mindset kann man alles im Leben erreichen, äußern sich die Befragten. Die Sozialen Medien, vor allem Tik-Tok-Influencer sind dabei beliebte Ratgeber – nicht selten geht der Bezug zur Lebensrealität dabei verloren.
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Erwachsen-Werden ist noch schwieriger geworden
Zu den typischen körperlichen und seelischen Problemen der Pubertät und Jugendphase ist eine weitere Unsicherheit dazugekommen: Man wird nicht mehr einfach zur Frau oder zum Mann, die Wahl ist viel größer geworden und setzt junge Menschen mit diesen Identitätsfragen zusätzlich unter Druck, stellt die Studie fest. Non-binär, genderfluid, LGBTQI+, noch nie gab es so viele Möglichkeiten, die einen nicht geringen Teil der Jugendlichen überfordern, ihnen die letzte Sicherheit rauben und den Kontrollverlust verstärken. Der Liberalisierung stehen 68 % positiv gegenüber, 55 % äußern sich genervt über die Thematik und 25 % fällt es schwer die eigene Identität zu finden, hat die Studie herausgefunden.
Autorin: Karin Heinze
Quelle: IKW-Jugendstudie 2024 von lönnecker&imdahl, rheingold salon
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