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Zukunftslandwirtschaft braucht eine Agrarwende, jetzt: Grüne Woche, BÖLW-Bio-Empfang, 'Wir haben es satt'-Demo

Aktualisiert: 25. Jan.

Mittendrin in der Woche der bundesweiten Bauernproteste und Trecker-Demos startet am 19.1.2024 die Internationale Grüne Woche in Berlin. Trotz unsicherer Zeiten erfreut sich das Mega-Event wieder großer Beliebtheit. Bereits in den ersten Tagen meldet die Messe 100.000 Besucher. Doch in den Reihen der Bäuerinnen und Bauern - bio wie konventionell - brodelt es, sie fordern Zukunftsperspektiven. Das wird auf diversen Veranstaltungen im Rahmen der IGW deutlich. Was die Bio-Branche betrifft, wurden die Erwartungen an die Politik besonders deutlich auf dem BÖLW-Bio-Empfang und auf der 'Wir haben es satt'-Demo formuliert. Video https://youtu.be/AfxhqTZr7Os


Über 600 Vertreter aus Politik, Zivilgesellschaft, Medien und Wirtschaft folgten der Einladung des Bio-Spitzenverbandes Bund Ökologischer Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) zum 8. Bio-Empfang auf der Internationalen Grünen Woche 2024.


BÖLW fordert: Innovationssystem Bio stärken, Bürokratie-Hürden abbauen 

BÖLW-Vorstandsvorsitzende Tina Andres strich heraus, dass sich die Agrarwirtschaft an einem Wendepunkt befinde und nur durch eine sozial-ökonomische Transformation der Land- und Lebensmittelwirtschaft zukunftsfähig werden kann. Andres mahnte, es sei wichtiger denn je, den Innovationsstau der Branche aufzulösen. Das Erstarken der Rechtsextreme in Deutschland sei auch Ausdruck von Frust und Perspektivlosigkeit. Die Aufgabe der Politik bestehe nun darin, den Menschen Mut zur Veränderung zu machen. Die ökologische Land- und Ernährungswirtschaft biete umfassende Antworten und vor allem haushaltsneutrale Lösungen für eine grundlegende Neuausrichtung des Sektors. Andres rief zu einem tiefgehenden Dialog aller Akteure auf, die Bio-Branche sei selbstverständlich bereit zu einer aktiven Zusammenarbeit.  



Lange Liste von Forderungen an Cem Özdemir

Peter Röhrig, geschäftsführender Vorstand BÖLW, forderte auch bei begrenzten Finanzmitteln des Bundes konkrete Maßnahmen, um die Wettbewerbsfähigkeit der ökologischen Land- und Ernährungswirtschaft zu sichern. Er verlangte von der Politik Bürokratieabbau für Bio-Betriebe sowie die Abschaffung von Doppelbelastungen durch Vorschriften, die für die konventionelle Wirtschaft konzipiert wurden, deren Ziele durch das strenge Bio-Recht von den Bio-Betrieben aber längst erfüllt würden. Röhrig mahnte insbesondere Transparenz bei der Gentechnik an, um die Wahlfreiheit zu sichern. Patente auf Pflanzen und Tiere durch die Gentechnik müssten verhindern werden, insbesondere um mittelständische Strukturen nicht zu gefährden. Die Bio-Züchtung müsse gestärkt werden, denn das Saatgut sei eine entscheidende Basis für eine erfolgreiche nachhaltige Landwirtschaft. Ebenso verlangten Alternativen zu chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln, von denen alle Höfe profitieren könnten, nach staatlichen Investitionen. 

Es sei gut, dass die Bundesregierung eine Bio-Strategie für die gesamte Wertschöpfungskette vorgelegt habe. Sie müsse nun umgesetzt und mit Ressourcen versehen werden. Dies muss zudem von einer Neuausrichtung der Forschung flankiert werden. Es sei an der Zeit, die Pläne der Borchert-Kommission zum Umbau der Tierhaltung voranzutreiben und dabei eine solide Finanzierung sicherzustellen. 


Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir wies auf wieder steigende Bio-Umsatzzahlen hin. Das sei nicht nur ein gutes Signal für die Bio-Branche, sondern für die gesamte Land- und Lebensmittelwirtschaft sowie für die Umwelt, sagte er. Zum Thema Gentechnik versprach er, sich für die Wahlfreiheit einzusetzen. Patente auf Saatgut und Pflanzen würden Innovationen blockieren und den Mittelstand zerstören, so Özdemir weiter. Er würdigte die Innovationsleistung der ökologischen Produktion. Die im Bundeswettbewerb ökologischer Landbau ausgezeichneten Betriebe würden für diese Innovationen stehen. Bio-Äcker könnten höhere Erträge hervorbringen, wenn mehr Geld in die entsprechende Forschung fließe. Özdemir hob hervor, dass es bei den verschiedenen Maßnahmen der Bio-Strategie des Bundes nicht so sehr um die bestehenden Bio-Betriebe ginge, sondern vor allem um die konventionellen Höfe, die auf den Ökolandbau umstellen wollten.   


Die Grüne Woche hat wieder eine Bio-Halle. In kleinem Umfang präsentieren sich einige Bio-Unternehmen wie auch konventionelle Handelshäuser wie EDEKA und ALDI. Im Bild der Auftritt der von der EU geförderten Infokampagne.


Laut und bunt, ohne Hass und Hetze für eine sozial- und umweltgerechte Agrarwende, jetzt!


Unter diesem Motto und mit vielen starken Statements gingen am 20.1.2024 rund 8000 Menschen bei der 14. 'Wir haben es satt' Demo auf die Straße. Zum Auftakt vor der SPD-Zentrale, Willy-Brandt-Haus, fordern Sprecher die Abkehr von einer Agrarpolitik, die Bäuer*innen und Gesellschaft gleichermaßen im Stich lässt und den sozialen Frieden gefährdet. Klimaextreme und Kostensteigerungen bringen Landwirtschaft und Gesellschaft in Not. Kennzeichnung und Risikoprüfung bei der Gentechnik sollen abgeschafft werden, obwohl die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung dies ablehnt.

Die Protestierenden haben es satt. Sie fordern einen klaren Fahrplan für eine zukunftsfähige Landwirtschaft und ein krisenfestes Ernährungssystem. Stadt und Land, Produzent*innen und Konsument*innen setzen sich gemeinsam und solidarisch für die ökologische und sozial-gerechte Agrarwende ein, für Klima-, Tier- und Artenschutz sowie weltweite Ernährungssicherheit. „Die richtige Antwort auf Klimakrise, Artensterben und Hunger in der Welt ist eine bäuerliche und ökologischere Landwirtschaft“ sagt Inka Lange, Sprecherin des „Wir haben es satt!“-Bündnisses.


Neben Organisationen aus den Bereichen Umwelt- und Tierschutz, Ernährung, Menschenrechte und Entwicklungszusammenarbeit gehören auch 35.000 Bäuer*innen dem Bündnis an. Sie benötigen für die Transformation zur umwelt- und tiergerechten Landwirtschaft sichere politische Rahmenbedingungen. Doch auch das grün geführte Landwirtschaftsministerium hat notwendige Maßnahmen trotz vollmundiger Absichtsbekundungen und vorliegender Lösungsvorschläge weitere zwei Jahre verschleppt. „Alle Fragen wurden längst ausreichend beantwortet – wir fordern Taten! Faire Erzeuger*innenpreise und die Unterstützung der Höfe beim Umbau der Tierhaltung, etwa durch eine Tierwohlabgabe, müssen jetzt kommen“ so Lange.

„Die Bundesregierung muss sich in Europa dafür einsetzen, dass Milliarden an Agrarsubventionen endlich den Umwelt-, Tier- und Klimaschutz in der EU honorieren, statt öffentliche Gelder blind pro Fläche Hektar auszuschütten und damit vor allem die Agrarindustrie zu füttern. Die Zukunft der Landwirtschaft muss sofort zur Chefsache in der Ampelkoalition werden.“ Inka Lange

Entsprechende Forderungen und die bäuerliche Protestnote übergaben Bäuer*innen, Menschenrechts- und Entwicklungsorganisationen am Vormittag an Cem Özdemir. Mit rund 50 Traktoren waren die Teilnehmer*innen der Kundgebung „Bäuerliche Rechte weltweit stärken“ am frühen Morgen aus dem Berliner Umland zum Global Forum for Food and Agriculture gefahren. Dort sprachen sie mit dem Minister zeitgleich zu seiner Konferenz mit rund 70 internationalen Agrarminister*innen und wiesen ihn auf die Notwendigkeit eines solidarischen, raschen Handelns hin.


 Info- und Werbe-Kampagne des BMEL in der Bio-Halle.

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